Awarenesskonzept der Aidshilfe
Unsere Haltung und Ziele unserer Veranstaltungen:
Wir möchten Menschen befähigen und sie begleiten, ein Bewusstsein für die eigene Sexualität und Gesundheit zu entwickeln. Diese umfasst neben der physischen auch die psychische sowie die soziale Gesundheit. Dabei begegnen wir allen Menschen mit Respekt, Mitgefühl und Würde, unabhängig von ihrem HIV-Status, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung und Identität, ihrem Alter, ihrer ethnischen Zugehörigkeit und Herkunft, ihrer Religion und Weltanschauung, ihrer Behinderung oder ihrer sozialen Lage.
Es ist uns wichtig, Menschen das Thema der sexuellen Gesundheit in all seinen Facetten näher zu bringen und dabei die Vielfalt von Sexualität sowie unterschiedliche sexuelle Orientierungen, geschlechtliche Identitäten und Beziehungsformen abzubilden. Wir möchten stets ein sexpositives, diskriminierungssensibles, sicheres und gewaltfreies Setting schaffen, in dem sich Menschen wohlfühlen, sich öffnen und gemeinsames Lernen können.
Auch bei Veranstaltungen außerhalb der Aidshilfe ist es uns wichtig, einen Safer Space zu schaffen. Wir möchten verschiedene Bedürfnisse mitdenken und bestmöglich auf sie reagieren. Wir möchten, dass sich alle wohlfühlen und wissen, an wen sie sich wenden können, wenn dies nicht so ist.
Dies sicherzustellen ist die gemeinsame Aufgabe von uns, den Mitarbeitenden und der Awarenessperson der Aidshilfe sowie gegebenenfalls externen Dozierenden.
Rolle der Awarenessperson:
Die Awarenessperson muss präsent und ansprechbar für alle sein, die sie benötigen. Sie muss nicht überall aktiv eingreifen. Jedoch sollte sie die Gruppe, für die sie verantwortlich ist, im Blick behalten und aufmerksam genug sein mitzubekommen, wenn sie gebraucht wird. Grundsätzlich ist aber jede erwachsene Person für sich selbst verantwortlich und sollte nach Hilfe bitten und Grenzen kommunizieren können. Die Awarenessperson soll sich nicht aufdrängen und Grenzen respektieren. Dies erfordert ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz und Empathie. Wir vergeben diese Aufgabe nicht leichtfertig, sondern nur an Personen, denen wir vertrauen. Und wir lassen die Awarenessperson nicht allein: Fachkräfte sind jederzeit während eines Einsatzes für sie ansprechbar, entweder vor Ort oder telefonisch.
Allgemeine Aufgaben der Awarenessperson:
- Auf Umsetzung der Regeln achten und gegebenenfalls intervenieren, zum Beispiel durch: moderierend eingreifen, neue Perspektiven einbringen, ermahnen, wegschicken, Betroffene schützen etc.
- Die eigene Haltung und Sprache auf eine queerfreundliche, sex- / kinkpositive und diskriminierungssensible Grundhaltung hin reflektieren.
- In Notfällen: Hilfe von dozierender Person und dem Team der Aidshilfe holen; Notruf absetzen. Die Awarenessperson muss nichts tun, was sie selbst fachlich und emotional nicht leisten kann!
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Regeln bei Veranstaltungen in der Aidshilfe:
- Allen wird angeboten, ein Namensschild zu tragen, auf dem auch Pronomen eingetragen werden können. Wird dies genutzt, sind die Namen und Pronomen zu respektieren.
- Jede Beteiligung ist freiwillig.
- Jede Person darf jederzeit den Raum verlassen oder auch ganz gehen.
- Jede Person darf die Körperhaltung einnehmen, die sie möchte, sofern sie andere nicht stört.
- Wir bereiten zwei Räume für den Rückzug vor; in beiden sind die Türen offen, das Licht brennt und es stehen Getränke zur Verfügung. Die Räume sind mit einem Schild gekennzeichnet, auf dem Menschen angeben können, ob sie allein sein möchten oder nicht. Es ist auch möglich, sich zurückzuziehen, aber die Tür offen zu lassen, damit noch Inhalte der Veranstaltung gehört werden können.
- Wer sich nicht an Grundregeln respektvoller Kommunikation hält oder der queerfreundlichen, sex- / kinkpositiven, diskriminierungssensiblen Grundhaltung entgegensteht, wird ermahnt oder direkt des Raumes verwiesen.
- Alkohol und andere Suchtmittel sind in unseren Räumen verboten.
- Besonderheiten bei Veranstaltungen mit Anmeldung
Bei sensiblen Themen müssen die Teilnehmenden sich anmelden, damit wir die Gruppengröße und die Zielgruppe kontrollieren können, was für einen Safer Space essentiell ist.
Bei diesen Veranstatungen gilt folgendes:
- Eine Anmeldung ist Pflicht und verbindlich.
- Es dürfen nur die Personen teilnehmen, die angemeldet sind. Wird jemand abgeholt, muss die externe Person draußen warten, bis die Veranstaltung vorbei ist.
- Benötigt eine Person eine Begleitperson, muss auch diese fest angemeldet werden. Bei zielgruppenspezifischen Veranstaltungen muss die Begleitperson zur jeweiligen Zielgruppe gehören.
- Bereits in der Anmeldung werden Bedürfnisse bezüglich der Gestaltung, der Inhalte und der Barrierefreiheit abgefragt. In der Anmeldebestätigung erhalten alle einen Link zu einer anonymen Abfrage nach Wünschen / Fragen / Anliegen (> zur Abfrage).
- Aufgaben der dozierenden Person
- Veranstaltung gut beschreiben: Was sind die Inhalte? Wie ist das Format? Wie interaktiv wird es? Worauf können sich die Teilnehmenden einstellen? etc. Und wichtig: Sich dann an die Beschreibung halten.
- Die eigene Haltung und Sprache auf eine queerfreundliche, sex- / kinkpositive und diskriminierungssensible Grundhaltung hin reflektieren.
- Jederzeit auf Freiwilligkeit hinweisen.
- Aufgaben der Awarenessperson
- Gäste in Empfang nehmen, Namensschilder anbieten, jedoch auch hier auf Freiwilligkeit hinweisen.
- Geld in einem separaten Raum einsammeln, damit niemand sieht, wie viel jede Person zahlt.
- Zu Beginn der Veranstaltung die Begrüßung übernehmen:
- Gäste in der Aidshilfe willkommen heißen
- Sich selbst als Awarenessperson vorstellen und darauf hinweisen, jederzeit ansprechbar zu sein
- Räume erklären: v.a. Toiletten, Essen, Zugang zum Balkon, Rückzugräume
- Kurz Regeln erklären: v.a. Freiwilligkeit, Verbot von Rauschmitteln, respektvoller Umgang miteinander
- Wenn sich jemand in einen Raum zurückzieht: Schauen, ob die Person allein sein will oder nicht. Falls nicht: Emotionalen Support bieten, Getränke und Snacks anbieten, ggf. nach Erkrankungen und Medikation fragen.
- Weitere Maßnahmen
- Auswahl der Dozierenden: Wir achten auf Haltung, Qualifikation, Geeignetheit, Erfahrung in der Workshopgestaltung oder Leitung von Gruppen. Jede Person wird zunächst nur für eine Veranstaltung geplant; erst nach Evaluation der Zusammenarbeit, der Veranstaltung und der Rückmeldung der Teilnehmenden werden weitere Veranstaltungen geplant.
- Teilnehmende: Bereits im Vorfeld werden die Teilnehmenden auf Pünktlichkeit und respektvollen Umgang miteinander hingewiesen. Pünktlichkeit ist wichtig, damit sich die Gruppenzusammensetzung nicht zu oft verändert und Vertrauen untereinander aufgebaut werden kann.
- Verpflegung: Wir stellen Getränke und Snacks zur Verfügung. Vor allem, im Sommer werden Menschen ermutigt, viel zu trinken. Die Snacks bestehen aus süßen und salzigen Angeboten sowie Obst und Gemüse. Die Verpflegung ist vegan; abweichendes wird markiert. Die Packungen bleiben in der Nähe, damit im Bedarfsfall Allergene gecheckt werden können.
- Evaluation: Alle Veranstaltungen werden evaluiert. Die Teilnehmenden erhalten den Link für die Befragung vor Ort und nachträglich per Mail (> zur Evaluation). Die Rückmeldungen werden ernst genommen.
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Regeln bei Veranstaltungen außerhalb der Aidshilfe:
- Aufgaben und Anwesenheitszeiten werden im Vorfeld zugeteilt. Diese sind einzuhalten.
- Für jede Veranstaltung wird eine Person bestimmt, die feste Ansprechperson für alle Helfenden sowie für Außenstehende ist.
- Für jede größeren Veranstaltung wird eine Awarenessperson bestimmt. Diese muss sichtbar und ansprechbar sein und übernimmt besondere Aufgaben.
- Nach Möglichkeit stellt die Aidshilfe Snacks und Getränke bereit. Sollte dies nicht möglich sein, werden die Helfenden darüber informiert, dass sie sich selbst etwas mitbringen sollten oder erhalten eine Pauschale, um sich selbst zu versorgen.
- Wenn es einer Person nicht gut geht, hat sie dies der verantwortlichen Person oder der Awarenessperson mitzuteilen. Bitte nicht einfach die Veranstaltung verlassen!
- Wer sich nicht an Grundregeln respektvoller Kommunikation hält oder der queerfreundlichen, sex- / kinkpositiven, diskriminierungssensiblen Grundhaltung entgegensteht, wird ermahnt oder direkt von der Veranstaltung verwiesen.
- Alkohol und andere Suchtmittel sind bei unseren Veranstaltungen verboten.
- Aufgaben der verantwortlichen Person
- Ansprechbar für alle Anliegen sein.
- Bescheid wissen über Aufgaben und Schichten der einzelnen Helfenden.
- Auf Umsetzung der Regeln achten und gegebenenfalls intervenieren, zum Beispiel durch: moderierend eingreifen, neue Perspektiven einbringen, ermahnen, wegschicken, Betroffene schützen etc.
- Die eigene Haltung und Sprache auf eine queerfreundliche, sex- / kinkpositive und diskriminierungssensible Grundhaltung hin reflektieren.
- Aufgaben der Awarenessperson
- Auf Bitten nach Hilfe von unseren Helfenden reagieren; aber auch proaktiv ansprechen, wenn Bedarf besteht.
- Wenn jemand Unterstützung braucht: Emotionalen Support bieten, Getränke und Snacks anbieten, ggf. nach Erkrankungen und Medikation fragen.
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Wichtige Notrufnummern:
Für Notrufe kann jedes Telefon auf unseren Schreibtischen genutzt werden.
Erste Hilfe: Tipps und Maßnahmen (DRK): Infos und Erklärvideos
Erste Hilfe bei psychischen Krisen (Rotes Kreuz Österreich):
Sammlung von Anlaufstellen (Aidshilfe Heidelberg): Hilfe bei Diskriminierung und Hilfe bei Gewalt
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Links zum Weiterlesen:
- Awareness-Institut: Grundlagen von Awareness
- safethedance.de: kurzer Awarenessleitfaden für Veranstaltende
- Stura Heidelberg: Awarenessleitfaden für Erstiveranstaltungen
- Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit (IDA): Glossar zu Diskriminierung
- Queer Lexikon: Glossar zu queeren Identitäten und Orientierungen
- Ayumi: Nicht-monogame Beziehungen, Begriffe und Definitionen
- Grafik von Kirstin Rohwer: The diversity of love relationship concepts
- deviance.com: FRIES (Konsens) und BDSM von A bis Z

Juliane Schurig
Arbeitsbereiche: Geschäftsstellenleitung • Beratung und Begleitung • PositHIV Wohnen • Öffentlichkeitsarbeit • Fachkräfteschulungen • AH-Momente: Der Talk gegen Tabus • Workshops für alle (Schwerpunkt: Lesben, Frauen)
Pronomen: sie/ihr
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