“Wir sehen hier viele Parallelen zur AIDS-Krise”
Interview: www.heidelbergerhelden.org

Nico Walter und Christian Buck portraitieren auf ihrer Seite www.heidelbergerhelden.org Heidelberger*innen, die während der Corona-Pandemie die Gesellschaft am Laufen halten; also systemrelevant sind. Dabei haben sie insgesamt 108 Portraits und die unterschiedlichsten Geschichten und Erfahrungen aus dieser Ausnahmezeit zusammengetragen. Dabei ist ein wunderbares, berührendes und hochwertiges Buch entstanden.
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Wir sind stolz und dankbar, dass sie auch uns besucht haben. Hier ein Teil des Interviews zum Nachlesen:
„Der Umgang mit einem Virus ist immer etwas Besonderes”, so Karl-Heinz Riegler, der seit mehr als 15 Jahren ehrenamtlicher Vorstand des AIDS-Hilfe Heidelberg e.V. ist. “Aber wir erleben bei vielen der Betroffenen, dass Corona zu einer Re-Traumatisierung führen kann. Die Angst vor einem Virus, zudem einer Risikogruppe angehörend, kann Angstzustände und große Unsicherheit hervorrufen. Alte Wunden brechen wieder auf.” Karl-Heinz Riegler hatte sich 1987 mit dem HI-Virus infiziert; 1991 brach dann die Krankheit AIDS aus. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch kein Medikament, um die HIV-Infektion zu behandeln. Erst sechs Jahre später war die Medizin soweit, dass er die Immunschwäche behandeln konnte. Seit 2001 ist er unter der Nachweisgrenze, das heißt der Virus ist noch da, kann aber nicht mehr übertragen werden. “Heute haben HIV-infizierte Menschen die gleiche Lebenserwartung wie Gesunde. Es gibt ein Leben mit dem Virus.” Heidi Emling, Diplom Sozialpädagogin und langjährige Mitarbeiterin der Beratungsstelle, sieht das Problem aber tief in der Gesellschaft: “HIV-infizierte Menschen kämpfen auch heute noch gegen Diskriminierung, Diskussionen über diese Krankheit werden selten sachlich geführt. Hier ist eine enorme Aufklärungsarbeit zu leisten. Früher gab es Politikerinnen und Politiker, die wollten HIV-Infizierte wegsperren, um die Bevölkerung vor ihnen zu schützen und wir haben dagegen gekämpft. Heute in Corona-Zeiten erleben wir eine Umkehrung dessen: ganze Bevölkerungsgruppen, wie Seniorinnen und Senioren in Altenpflegeheimen dürfen keine persönlichen Kontakte zur Außenwelt haben, um vor Ansteckung geschützt zu werden.” Juliane Schurig ist Sozialarbeiterin / Sozialpädagogin und berichtet von den Umstellungen durch Corona: “Ein Teil unseres Angebotes ist ja auch das ambulant betreute Wohnen durch PositHIV Wohnen in Heidelberg e.V.. Das musste einfach weiterlaufen. Wir stellten nun eben neue Regeln - auch für die Hausbesuche - auf, nach denen wir uns alle richten mussten. Wir kauften zum Beispiel für unsere Klientinnen und Klienten ein oder versorgten sie mit Medikamenten. Das soziale Umfeld ist für sie extrem wichtig. Da war es besonders schwer, dass unser Regenbogencafé wegen des Shutdowns geschlossen und Gruppenangebote abgesagt werden mussten. Unsere Beratung führten wir anfangs nur telefonisch oder über unser “Fenster zum Hof” durch, viele Menschen nahmen die Option gerne wahr”, schildert sie die Tage von Corona. Karl-Heinz Riegler ergänzt: “Es gab in dieser Zeit ohne Kaffeetreff aber auch viele schöne kreative Begegnungen. Wann hätten wir jemals in einer Telefonkonferenz mit 30 Leute ein “Happy Birthday” gesungen. Das gegenseitige Verständnis, der Respekt und die Solidarität sind in dieser Pandemiezeit größer geworden.”Teilen auf